Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

"Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie geht wie die analytische Psychotherapie davon aus, dass wir unser Leben nicht nur mittels unseres Willens gestalten, sondern dass alles, was wir fühlen, denken und entscheiden, auch von unbewussten psychischen Einflüssen abhängt. Zu diesen Faktoren, die wir nicht wahrnehmen und beeinflussen können, gehören insbesondere innere Konflikte, die das spätere Leben besonders bestimmen, wenn sie schon in den ersten Lebensjahren auftraten. Schon ein Kind etwa erlebt den normalen menschlichen Konflikt zwischen dem Wunsch, einerseits unabhängig und selbstständig und anderseits geborgen und aufgehoben zu sein. Manchmal kann ein Kind einen solchen Konflikt nicht lösen, weil es befürchtet, zum Beispiel Mutter oder Vater zu verlieren. Dann wird der unerträgliche Konflikt verdrängt und ins Unbewusste verschoben, um sich vor ihm zu schützen. Von dort beeinflusst er aber weiterhin unser Fühlen und Denken und vor allem unsere Beziehungen zu anderen Menschen. In einer späteren Lebensphase, wenn wir zum Beispiel eine schmerzliche Trennung erleben, können diese früheren unbewussten Konflikte unser Fühlen und Verhalten erneut stark belasten und uns sogar psychisch krank machen.

Eine weitere Ursache für psychische Erkrankungen sieht die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie zum Beispiel in schwerer Vernachlässigung, Gewalterfahrungen oder emotionaler Kälte während der ersten Lebensjahre. Unter solchen ungünstigen Lebensbedingungen entwickeln Menschen nicht oder nur eingeschränkt die Fähigkeit, sich ein Bild von sich selbst und von anderen Menschen mit allen positiven und negativen Eigenschaften zu machen, stabile Beziehungen zu leben und das eigene Verhalten zu steuern und sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Unbewusste Konflikte bestimmen auch die Beziehung zur Psychotherapeutin beziehungsweise zum Psychotherapeuten. Tiefenpsychologisch arbeitende Psychotherapeuten helfen ihren Patienten, die unbewussten Faktoren ihrer psychischen Beschwerden herauszufinden. Zugleich unterstützen diese sie dabei, ihre Konflikte besser zu lösen, um ihnen auf diese Weise eine gesündere und weniger belastende Lebensgestaltung zu ermöglichen. Die Gespräche verlangen vom Patienten ein hohes Maß an Offenheit und Vertrauen in die Psychotherapeutin beziehungsweise den Psychotherapeuten."

[zitiert aus: BPtK-Broschüre "Wege zur Psychotherapie", S. 15; 2. aktualisierte Auflage Mai 2013, unveränderter Nachdruck: Oktober 2014]

Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie als Langzeittherapie
  1. Behandelt wird sehr zielgerichtet entlang der wichtigsten aktuellen Beziehungskonflikte
  2. Therapieziele sind begrenzt und werden zu Therapiebeginn miteinander besprochen
  3. Konzentration auf die Gegenwart unter Beachtung des "Gegenwartsunbewussten"
  4. vielfältige Einflüsse zwischen intrapsychischen, interpersonellen und psychosozialen Konfliktkonstellationen werden beachtet
  5. aktive therapeutische, personale und transparente Haltung; beinhaltet auch Erklärungen
  6. positive Änderungen können sehr viel schneller umgesetzt werden als mit Hilfe der Analytischen Psychotherapie
  7. Der Name "tiefenpsychologisch" ist i.V. zur Analytischen Psychotherapie irreführend, die weiter in die Breite der Lebensgeschichte und Tiefe des Unbewussten führt
  8. Die Behandlung findet im Sitzen statt
  9. Behandlungsstunde pro Woche
  10. Leistungsumfang gemäß der Psychotherapie-Richtlinie: 100 Stunden
  11. Überführung in eine Modifizierte Analytische oder Analytische Therapie möglich
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie als Kurzzeittherapie
  1. Bewältigung einer akuten seelischen Krise (z.B. ausgelöst durch Tod eines Angehörigen; Diagnose einer schweren Erkrankung; Arbeitsplatzverlust o.ä.), die zu einer seelischen Störung mit eng begrenzter unbewusster Konfliktdynamik führte. Die Problematik bezieht sich auf ein eng begrenztes Lebensumfeld und kann voraussichtlich mit einer begrenzten Anzahl von Behandlungsstunden verändert werden
  2. Das Ergebnis ist eine Stabilisierung auf mehr oder weniger altem Niveau
  3. Bei komplexen Fragestellungen kann die Kurzzeittherapie auch für die Indikationsstellung nötig sein, welche Form einer Langzeitbehandlung sinnvoll ist
  4. Die Behandlung findet im Sitzen statt
  5. 1 Behandlungsstunde pro Woche
  6. maximal 24 Stunden, Gesamtdauer ca. 6 Monate
  7. Überführung in eine Tiefenpsychologisch fundierte Langzeittherapie oder eine Analytische Psychotherapie möglich